Wie können Kinder in widrigen familiären Umgebungen gut überleben?
Was unternehmen kleine Kinder, denen die eigene Familie mehr Belastung ist als Unterstützung? Es ist hilfreich, sich hier die Strategien von Kindern anzusehen, die in Krisen- und Kriegsgebieten anzusehen.
Es soll hier natürlich kein direkter Vergleich zu den Entbehrungen und Schrecken von Menschen gezogen werden, die in einem Krieg mit realen Waffen und Opfern physischer Gewalt leben müssen. Dennoch ist ein Verweis auf Strategien hilfreich.
Kinder müssen sich mit den Denk- und Handlungsmustern ihrer Ursprungsfamilie arrangieren. Andernfalls ist ein psychisches Überleben kaum denkbar.
Solidarisierung mit dem Aggressor – analog zum Stockholm-Syndrom
Kleine Kinder sind ihren Eltern ausgeliefert. Und so folgen sie dem Handlungsmuster: besser eine gestörte Hand, die mich füttert, als gar keine.
Abspaltung der hoffnungslos überforderten Seite
Eine weitere Strategie besteht darin, Ich-Anteile (Ego-States) vorübergehend oder auch dauerhaft auszublenden. Langfristig hat diese unbewusste Taktik der Psyche bzw. des Gehirns jedoch einen hohen Preis.
Die Seite, die sich aufopferungsvoll über Jahre und oft Jahrzehnte über alle Grenzen hinweg engagiert hatte, soll nun plötzlich verleugnet werden?
Substanzmissbrauch und Delinquenz
Es kann dazu kommen, dass sich vernachlässigte Kinder einbilden, sie hätten durch die Regellosigkeit oder Rigidität im Elternhaus Sonderrechte erworben. Dies wird als Entschädigung für die Entbehrungen zu Hause eingeordnet. So kann es zu Absentismus in der Schule und zu aggressivem, auch gesetzeswidrigem Verhalten kommen. Es handelt sich hier jedoch nicht um einen „schlechten Charakter“ an sich, sondern um den Versuch der Kompensation.
Wenn zwanghafte Regeln zu Hause und andererseits Beliebigkeit das Leben bestimmen, liegt es nahe, dass außerhalb der elterlichen Wohnung eigene Regeln festgelegt werden.